Donnerstag, 30. Mai 2013

Ode an den Hyperlink

Zunächst möchte ich mich an diejenigen richten die meinem Blog schon seit einiger Zeit folgen und merken, dass die Einträge hier sehr unregelmäßig sind. Grund hierfür ist, dass ich mich an einem Buch versuche und die "Schreiberei" hierfür sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Andererseits hat es auch den schönen Effekt, dass ich immer wieder über Themen stolpere die vielleicht auch für diesen Blog hier interessant sind. So wie diesen Artikel den ich schon vor einiger Zeit geschrieben habe, der aber an Aktualität nichts eingebüßt hat:

Eine der größten Herausforderungen im Umgang mit dem Internet als Medium des Wissenserwerbes ist es, sich bei der Recherche nicht zu „verzetteln“. Angenommen man liest in einem Dokument das nur fünf Links erhält und jedes dieser Dokumente hat nur fünf weitere Verlinkungen, dann würde man im Urdokument (Stufe 0) nur fünf weitere Dokumente lesen müssen. In Stufe 1 bereits 25, Stufe 3 schon 625 und alle Dokumente der 10. Stufe zu lesen würde bedeuten sich mit 48828125 Dokumenten zu beschäftigen. Und Schuld an alldem ist nur die Erfindung des Hyperlinks.
Schönen Gruß an die Wissensgesellschaft – Dein Burn-out!

Dabei ist der Hyperlink, die größte technische Errungenschaft in Bezug auf Wissensmanagement überhaupt und somit die eigentliche Ursache dafür, dass dieses Thema seit Ende der Neunziger sich auf einen rasanten Vormarsch befindet. Informationen wie, Bücher, Tabellen, Bilder usw., sind als Transportmedium zwischen Wissensträgern nur zweidimensional darstellbar. Durch die Internettechnologie sieht man zwar den Informationsausschnitt auch nur zweidimensional vor sich, kann ihn aber mit x-beliebigen Links verknüpfen und somit das Wissen und Verständnis eines Themas auf eine ganz persönliche Art an Andere weitergeben. Querverweise gibt es seit es schriftliche Aufzeichnungen gibt, aber das Heranziehen eines zweiten Buches und das Blättern bis man an der richtigen Stelle war, sorgte immer für einen gedanklichen Bruch. Ein Klick jedoch ist schnell gemacht. Übrigens auch die Entscheidung ihn zu klicken ist, ebenso wie die Zurverfügungstellung eines Links, höchst individuell und macht auch eine Informationsaufnahme zu einer persönlichen Sache.

Die unten angehängte Grafik bietet uns einen kleinen Überblick zur individuellen Nutzung des Hyperlinks.

Es gibt derzeit im Internet 70 Millionen Datenquellen. Allein die Quelle „Deutschsprachiges Wikipedia“ hat 1.3 Millionen Artikel (das englische 3.8Millionen). Gerne können Sie sich jetzt ausrechnen auf wie viele unterschiedliche Arten man Wikipedia lesen kann, wenn jeder Artikel nur drei Links auf andere Artikel hat. Und wir reden hier nur von EINER Quelle! (Antworten sind herzlich willkommen und können an info(at)berndfiedler.de geschickt werden. Zu gewinnen gibt es nichts. Der Rechtsweg ist ohnehin ausgeschlossen.)

Zum Schluss noch ein Gedanke: Da die Vernetzung durch die Synapsen in unserem Gehirn einem ganz ähnlichem Muster folgt wie die des Internets, könnte man das World Wide Web auch als die gehirngerechte Abbildung von Informationen bezeichnen. Mehr noch: Durch den explosionsartigen Erfolg der sozialen Medien, beginnen die Menschen sich zunehmend zu vernetzen und seitdem kann man von einer „Abbildung des Weltwissens“ sprechen. Der Hyperlink vernetzt Informationen, die sozialen Medien vernetzen die Menschen, die mit diesen Informationen arbeiten.

Lieber Hyperlink, herzlichen Dank dafür, dass Du uns (von den meisten Nutzern unbemerkt) eine neue Sicht auf die Welt gegeben hast. Und bitte, richte dem Burn-out schöne Grüße aus. Er soll nicht vergessen, dass all diese netten kleinen Geräte auch einen Aus-Schalter haben.
Herzlichst Deine Wissenswelt.

Sonntag, 5. Mai 2013

Die Un-Konferenz

Mein  bisheriges Berufsleben war immer wieder durch die Teilnahme an Konferenzen geprägt. Entweder als Referent, Aussteller oder auch reiner Teilnehmer. Eine schillernde Welt die, über all die Jahre, ein gutes Netzwerk, jede Menge T-Shirts, Kaffeetassen und Kugelschreiber bei mir hinterlassen hat. Die inhaltliche Ausbeute solcher Veranstaltungen war dann eher mager. Die meisten Vorträge wurden durch die Sponsoren "gekauft" und waren Produktpräsentationen. Sicher, es war auch meine Aufgabe solche Produkte zu kennen, um meine Kunden lösungsorientiert beraten zu können, aber ehrlich gesagt hätte es eine kurze Studie der Produktbroschüre genauso getan, denn in den meisten Fällen blieb nach zwei Wochen inhaltlich ohnehin nichts mehr hängen.

Anfang Mai hatte ich jetzt die Gelegenheit zum ersten mal an einem Bar-Camp (manche nennen es auch Unkonferenz) teilzunehmen. Geprägt von meiner bisherigen Konferenzerfahrung, war mein erster Eindruck: "In welcher Selbsthilfegruppe bin ich denn hier gelandet?" In der Retrospektive führe ich des darauf zurück, dass die Leute gleich anfingen ihre Probleme zu thematisieren. Bisher kannte ich nur, dass die Veranstalter Lösungen hatten und jetzt die Probleme (die meist in Herausforderungen umgetauft wurden) dafür suchten. Jetzt kamen bei der morgendlichen Zusammenstellung der Agenda Fragen auf den Tisch wie,
  • "Ich arbeite gerade an ... und komme nicht weiter."
  • "Habt ihr Erfahrungen zu ....?"
  • "Ich könnte Euch etwas zu folgendem Sachverhalt erzählen. ... Ist wer interessiert?"
Da die Teilnehmer bei Bar-Camps mit den Füssen abstimmen (sie gingen in oder aus der Session) kamen nur Themen zum Zug die auch von Interesse waren. Viele entwickelten sich sehr spontan. Eine aufwendige Vorbereitung des Themas hätte umsonst sein können, da sich eventuell keiner dafür interessiert hätte. Dieses Desinteresse würde man anderenorts für unhöflich empfinden und müsste es als "Leidtragender" erst einmal aushalten. Hier war es aber Bestandteil eines empirischen Prozesses. Wenn sich niemand für das Problem interessierte war es möglicherweise keines, oder es war nicht nachvollziehbar ausformuliert. Es konnte aber auch andere, unterschiedlichste Gründe haben. Andersherum betrachtet: Hätte man das Problem mit Gewalt auf die Agenda gesetzt, hätten sich mit hoher Wahrscheinlichkeit die Session-Besucher nur mühsam dafür begeistert und wären an einer Lösung kaum interessiert.

Das alle Sessions ihre Teilnehmer fanden und kaum gewechselt wurde, zeigte hier auch die Qualität (Kundenorientiertheit) der Themen, wobei mir erfahrene Bar-Camper bestätigten, dass das ungewöhnlich sei. Ein häufiger Wechsel zeigt nämlich auch, dass die Themen so passend sind, dass man sich gar nicht für eine bestimmte Session entscheiden kann.

Die Session die ich besucht habe, entwickelten sich alle in eine interessante Richtung. Sie zeigten dass viele an den gleichen Fragestellungen zu knabbern hatten. Schön wenn andere sie schon für sich gelöst hatten, wieder andere hatten so manchen Lösungsansatz schon wieder verworfen. Wer also gezielt etwas über Fachthemen lernen will, ist hier falsch weil er nie weiß was am Ende herauskommen wird. Möchte man aber seinen Standpunkt finden bzw. festigen oder Ideen weiterentwickeln und sucht hierfür Sparrigspartner, dem kann hier geholfen werden und ganz nebenbei entwickelt sich auch noch ein Netzwerk das einen über das Camp hinaus dann weiterhelfen kann.

Ich selbst empfand die zwei Tage als intensiv und absolut wertschöpfend. Selbst wenn man anderen bei ihren Problemstellungen half, profitierte man von der eigenen Bestätigung oder man merkte, dass der eigene Deckel nicht auf jeden Topf passte. Zwischendurch kam mal der Begriff der "Suchtgefahr" auf. So etwas macht mich immer stutzig, dennoch werde ich mit Sicherheit beim nächsten Mal wieder dabei sein. Zuletzt noch mein Dank dem Veranstaltungsteam, das "ehrenamtlich" viel Zeit investierte - es hat sich gelohnt.